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Erfahrungsbericht Nik Marokko

Wer kennt das Gefühl nicht, wenn einen plötzlich das Reisefieber packt und man sich ganz spontan dazu entscheidet, diesem ach so wild pochenden Drang nachzukommen. Genau so erging es mir vor kurzer Zeit und packte mich nach Marokko. Allerdings war dieser Trip so unglaublich, dass ich fast keine andere Wahl habe, als euch davon zu erzählen.

Meine Reise ging in ein Zeltlager in der Nähe von Dakhla, einer kleinen Stadt in der marokkanischen Westsahara.

Für eine Woche flüchtete ich vom Studienalltag um in der Wärme zu kiten – wer würde davon nicht träumen?!

Auch wenn Marokko geographisch gesehen eigentlich sehr nah liegt, so war die Anreise dennoch sehr lang und beschwerlich – speziell mit dem ganzen Gepäck, das ich bei mir hatte.

Zuerst ging es mit dem Zug von Innsbruck nach Frankfurt-Flughafen, anschließend im Flugzeug nach Casablanca und von dort weiter nach Dakhla.

In der Wüstenstadt angekommen wurden ich und weitere neun Personen von Rachid, dem Besitzer des Camps, am Flughafen abgeholt. Dies war allerdings noch nicht das Ende unsrer Reise, denn danach fuhren wir nochmals vierzig Minuten zusammengepfercht in zwei Jeeps und einem rostigen Taxi zu unserem endgültigen Ziel, dem „Dakhla Attitude Camp“.

Während der Fahrt zum Camp dämmerte es schon und es wurde von Minute zu Minute dunkler. Die Laternen der Stadt tauchten ihre Umgebung in ein sanftes, gelbes Licht, welches uns noch die Chance gab, die abendliche Vitalität am Straßenrand zu bestaunen. Nachdem wir die letzten Häuser hinter uns gelassen hatten, waren nur noch die vor uns liegende Strasse und die zarten Umrisse der Wüste zu erkennen – Laternen gab es keine mehr und nur alle fünf bis zehn Minuten kamen uns andere Fahrzeuge entgegen, welche uns zumindest für kurze Zeit daran erinnerten, dass wir nicht alleine auf der Welt waren.

Als ich gerade knapp vor dem Einschlafen war, fuhr Rachid ohne jegliche Vorwarnung einfach von der Fahrbahn ab und raste von da an mit einem Affentempo mitten durch die Wüste - Nun verstand ich auch, warum wir in Jeeps unterwegs waren.

Endlich im Camp angekommen, bekam ich noch schnell mein Zelt zugewiesen und dann ging es auch schon zum Abendessen, welches nicht ganz so marokkanisch war, wie ich es mir erwartet hatte – es gab Pasta!

Dies sollte allerdings die letzte kulinarische Missetat der Woche gewesen sein, denn während des restlichen Aufenthalts genossen wir feinste marokkanische Hausmannskost, welche wir wahlweise im großen Beduinenzelt oder im Freien, auf riesigen Kissen sitzend verspeisten.

Die Nächte in der Sahara haben, abgesehen von der Kälte, überhaupt etwas Besonderes an sich: Weit und breit gab es kein Licht in unserer Umgebung abgesehen vom Kerzenschein der kleinen Laternen, die jeden Abend auf dem sandigen Boden platziert wurden.

Am nächsten Morgen wachte ich schon ziemlich früh auf, erledigte meine Morgen-Toilette und ging anschließend frühstücken – feinstes marokkanisches Brot, mit allen Aufstrichen, die man sich so wünschen kann, abgesehen von Nutella.

Aber weg vom Brot und rauf aufs Wasser. Im Umkreis von ein paar Sekunden zu Fuß und maximal 15 Minuten im dem Auto findet man alle Bedingungen, die das Herz begehrt!

Hauptsächlich war ich in der Nähe des Lagers unterwegs, wo sich lediglich eine kleine, nicht wirklich störende Kabbelwelle aufbaut. Zwei Kilometer in Luv davon endet die Lagune und auch von dort startete ich so manches Mal los, um einen kurzen Downwinder zurück zum Camp zu genießen.

Dies war allerdings nicht der einzig mögliche Downwinder, denn schon am dritten Tag erwartete mich die bislang schwierigste Probe, wenn es ums Kiten geht. Es galt 14km Höhe zu vernichten und zu einem vorher ausgemachten Punkt zu kiten. Das alleine sollte schon anstrengend genug sein, doch die noch größere Herausforderung war, dass ich nun das erste Mal ganz alleine unterwegs war – ohne Boot, ohne Auto, ohne Jetski, ganz auf mich alleine gestellt; Um zum Ziel zu kommen musste man gleich am Anfang eine Sandbank queren, welche, auf Grund der Wassertiefe, für Boote unpassierbar war. Im Falle eines Problems hätte es sicherlich eine halbe Stunde oder länger gedauert, um eine Rettung in die Wege zu leiten. Jedenfalls ist mir zum Glück nichts passiert und ich habe auf diese Weise soviel Zeit wie noch nie auf dem Wasser verbracht.

Kommen wir nun aber zu einem Teil der Geschichte, der wohl eine der wichtigsten Veränderungen in der Geschichte von „Möglichkiten“ darstellt. Ich habe es endlich geschafft, den Gipfel des Höhelaufens zu erklimmen. Das bedeutet, dass von nun an die ganze Welt für mich offen steht! Kiten wo auch immer, wie auch immer, wann auch immer.

Und genau diese neue Chance hab ich gleich am nächsten Tag für mich genutzt. Ungefähr drei Minuten Fahrzeit vom Lager entfernt befindet sich ein Speedspot, der den Vergleich mit Coche oder anderen „Kiteparadiesen“ durchaus standhält, sie vielleicht sogar noch übertrifft.

Der Wind bläst komplett ablandig und an der Wasserkante geht es sofort acht Meter in die Tiefe, was für die kitende Menschengattung bedeutet, dass sie gefahrlos auf spiegelglattem Wasser heizen können und sogar noch eine Hand im Sand streifen lassen können.

Jedenfalls, war das wohl der genüsslichste Kitetag meines Lebens. Ich fuhr so nah wie möglich an der Wasserkante, da ich erstens noch ein bisschen Respekt vor dem Ablandigen Wind hatte und zweitens, da es mir besonderen Spaß bereitete mit den Hunden, die vom Strand aus den Kitern nachjagten, um die Wette zu fahren und sie auch ein bisschen zu piesacken bzw. zu tratzen, wie wir in Österreich zu sagen pflegen.

Nach dieser Fahrt und dem anschließenden Mittagessen war es dann leider aber schon Zeit zu packen, da es am Abend wieder nach Hause gehen sollte. Wie heißt es so schön, alles hat ein Ende – traurig aber wahr.

Wir packten also am frühen Abend die Autos voll und dann ging es auch schon zum Flughafen, wo wir dann doch „etwas“ mehr Zeit verbrachten, als geplant, da der Flug drei Stunden Verspätung hatte. Letztendlich änderte das aber nicht wirklich etwas an der Rückreise, da noch eine Nacht in Casablanca zu verbringen war. Insgesamt dauerte es über vierundzwanzig Stunden, bis ich mich endlich in mein Bettchen legen konnte, um wieder etwas Schlaf nachzuholen und vom nächsten Marokko-Aufenthalt zu träumen.

© 2005 by Nicolas Lanquetin